Energie – ja unbedingt, sofort!

Zwei Mal schon haben wir versucht, für den Ortskern bzw. die Gemeindegebäude eine erneuerbare Energieversorgung zu organisieren. Beim ersten Mal war dem Gemeinderat die Wärmelieferung durch eine Hackschnitzelanlage zu teuer (2014), im letzten Jahr wäre der kalkulierte Preis einer Anlage in der Nähe des St. Luise-Heims akzeptabel gewesen, dem potentiellen Betreiber war der Weg ins Gemeindezentrum zu weit und einem weiteren die 650 MW Wärmebedarf der Gemeindegebäude zu gering.

Jetzt stehen wir wieder am Start: Was wollen wir? Was können wir wollen?

Wir haben uns als Klimabündnisgemeinde Klimaziele gesetzt: bis 2040 wollen wir 100% unseres Energiebedarfs erneuerbar produzieren, also nur mit Wind, Sonne und Erdwärme.

Lt. Statistik Austria hat Maria Anzbach 1.364 Haushalte (stand 31.10.2022). Jeder Haushalt verbraucht im Durchschnitt 10.700 kWh pro Jahr für Wärme (incl. Warmwasser und Kochen), 2.300 kWh pro Jahr für Elektrogeräte und Beleuchtung und in 90% der Haushalte noch einmal 8.200 kWh pro Jahr für den Pkw – im Durchschnitt. Insgesamt sind das knapp 28 GWh Energie die wir spätestens in 15 Jahren jährlich erneuerbar aufbringen müssen: allein für Maria Anzbach wären das 8 große Windkraftwerke mit fast 100 m Durchmesser. Das ist im Biosphärenpark Wienerwald nicht möglich, wir müssen uns Alternativen überlegen.

Alle Prognosen über die Energiewende gehen von einer Halbierung des Bedarfs aus, die ohne Komfortverlust realisierbar ist.

Im Wärmebereich heißt das für öffentliche Gebäude: max. 50 kWh pro m2/Jahr bis 2030 (Klimaziel der Landesregierung – bis 2030, also in 5 Jahren!). Aktuell liegen wir in der Schule, den Ärztehäusern und dem alten Kindergarten teils weit über 200 kWh pro m2/Jahr. Hier werden wir nicht um substantielle thermische Sanierungsmaßnahmen herumkommen. So wird aber eine potentielle Nahwärmeversorgung schwerer wirtschaftlich darstellbar.

Eine sinnvolle Option ist die Kraft-Wärme-Kopplung: Werden die Hackschnitzeln zunächst vergast und dieses Gas in einem Motor verbrannt, kann man einen wesentlich höheren Gesamtwirkungsgrad erzielen, d.h. man kann einen wesentlich höheren Anteil der Energie im Holz nutzen als bei der reinen Verbrennung. Damit liegen wir aber hier noch nicht unter 23 Cent pro kWh erzeugtem elektrischen Strom. Hier könnte eine intelligente Förderung Sinn machen – die gibt es allerdings aktuell weder vom Land noch vom Bund.

Technisch ist es möglich, eine Pyrolyse vorzuschalten: Man entzieht dem Hackgut das CO2 und bindet es in Kohle (Verkohlung). Diese kann z. B. zur Bodenverbesserung verwendet werden (Schwarzerde). Leider entzieht dies dem Hackgut etwas Energie und die Kohle muss verpackt und verkauft werden … Vor zwei Jahren gab’s diese Technologie aber nur für große Anlagen und noch nicht wirtschaftlich. Wir werden uns das anschauen.

Technisch sehr interessant wird es, wenn man nicht heißes Wasser in der Gemeinde verteilt (sehr große Wärmeverluste), sondern ein sog. Anergienetz aufbaut: ausgehend von einem Tiefenbohrungsfeld (in unserem Fall über 30 Tiefenbohrungen) wird ca. 12 Grad ‚kaltes‘ Wasser im Kreis geschickt und an jeder Übergabestelle mit Hilfe einer Wärmepumpe aufgewertet – zum Heizen oder zum Kühlen. Leider ist diese Technologie noch nicht verfügbar bzw. war kein Fördergeber bereit, uns zu unterstützen.

Wir werden jetzt das gesamte Vorhaben neu aufsetzen – gemeinsam. Wir werden den Energiebedarf realistisch planen und wir werden schauen müssen, wie wir die jeweils umliegenden Privathäuser einbeziehen. Wir sind sehr optimistisch – gerade auch angesichts des großen Interesses an der Energiegenossenschaft und den inzwischen ca. 3.400 kWp installierten PV-Anlagen allein in Maria Anzbach.

Lothar Rehse